Jägersfrau, Hund und die Beziehung dazwischen – spannende Jagdgeschichten

Freitagmittag zieht der Herr des Hundes grüne Socken an und entölt, von grünen Flocken umgeben, den Drilling. Diese Verrichtungen geben dem Hund ein Signal, das ihn in hochgespannte Vorfreude versetzt. Über seiner Passion „vergisst” er regelmäßig, dass er die Autofahrt ins Revier nicht verträgt. Die Hausfrau mogelt ihm ein Mittel gegen Reiseübelkeit (Kinderdosis) in die Backentasche.

Getreu dem Motto „außer Waffe, Optik, Munition und Messer ist alles entbehrlich” stapeln sich in der Diele alsbald Sack und Pack und einiges mehr. Der Hund, im Inseraten-Kurztext bündig DK-Hdn. benannt, damit aber nur unzureichend charakterisiert, bewacht den Stapel mit begeisterter Konzentration, besonders den Rucksack und die beiden Kochtöpfe. Einer von ihnen enthält eine Viermännerportion Linseneintopf mit Würstchen, der andere Fleisch-Gemüse-Reis-Eintopf nach Art des Hauses für den Hund.

Beim Abschied bekommt die Hausfrau eine Rose, der Jäger die Ermahnung, den kürzlich von einer Magenschleimhautentzündung und einer Wurmkur genesenen Hund vor gutgemeinten, aber unsachgemäßen Wurstpellenspenden zu bewahren. Der Hund hat keine Zeit, sich zu verabschieden. Er sitzt bereits im Wagen. Aufbruch zur Jagd.

Sonntagabend läuft der gleiche Film mit Variationen rückwärts. Als knochenloses Bündel kommt der Hund ins Haus gehinkt, von Ruhm und Lehm bedeckt, mit schmutzverkrusteten Behängen und Schmarren auf der Decke, ein Vierläufer als „Dreiläufer”. In der Küche breitet sich schwarzes Misstrauen aus angesichts des viel zu hohen Pegelstandes im Hundefuttertopf. Sollte das arme Tier nicht gefüttert worden sein? Gezielte Fragen bringen das Delikt ans Licht: Ein voreiliger Hüttengast, an dessen Wiege wohl von Hundeverstand nicht die Rede war, hat dem Hund Linsen mit Würstchen vorgesetzt. Nun kann man nur noch hoffen, dass seine Innereien nicht wieder rebellisch werden. Über Linsengerichten scheint seit Esaus Zeiten ein besonderes Verhängnis zu walten.

Als guter Beobachter und Kenner der häuslichen Kompetenzen begibt sich der Hund nunmehr sofort in die auf warmherzige Impulse und antibiotische Salben gestützte Behandung durch die Hausfrau, ein schließlich diskreter Entfernung von Zecken. Beim Anblick der watteumwickelten gebogenen Pinzette wirft er sich mit einer wahren Wonne zum Reinigen der Gehörgänge auf den Boden. Die verletzte Pfote wird gesäubert, einschließlich der Wolfskralle gepolstert und verbunden. Zufrieden schläft der Hund mit 22 kg müden Gebeins auf dem Fuß seiner Wohltäterin ein. Der Fuß tut bald dasselbe.

Bei gehaltvollem Futter und maßvollem Training erholt sich der Hund alsbald von Kräfteverschleiß und Muskelkater. Er versäumt nicht, seine Zuneigung zur Hüterin der Fleisch- und Salbentöpfe die ganze Woche hindurch seelenvoll auszudrücken. Dienstags hinkt er nicht mehr. Mittwochs braucht er keinen Verband mehr. Donnerstags scheint er sich zu langweilen. Freitags zwängt sich sein Herr in die grünen Socken und entölt die Waffen. Der Hund betrachtet ihn mit glänzenden Augen. Abschiedskuss. Halali.

Die von Herr und Hund verlassene Jägersfrau aber gehe in ihr Kämmerlein und lese als Mittel gegen Einsamkeit zur Treibjagdzeit Konrad Lorenz, den Nestor der vergleichenden Verhaltenskunde. Er schreibt: „Schon den vielen bestechend schönen und formedlen Rassen der hängeohrigen Jagdhunde nehme ich es übel, dass sie meist mit jedem Menschen mitzugehen bereit sind, der ein Gewehr umhängt.” Jagdhunde auf Jagd ohne Hundeschutzweste ist ein großes Risiko, das mit der Browning Weste vermieden werden könnte-

Da geteiltes Leid halbes Leid ist, ist das ein Trost. Soweit es den Hund betrifft.